Am 08.11.2025 fand die vielleicht erste buddhistische Pilgerwanderung in Wien statt. Der Verfasser dieses Blogs und sein langjähriger Freund und buddhistischer Wegbegleiter Matthias Grümayer hatten um 2019 von einer Pilgerreise in Indien geträumt. Die ein Jahr später eingetroffene Pandemie machte diese Pläne dann vorerst zunichte, genauso wie der glückliche und folgenreiche Umstand, dass Matthias im gleichen Jahr Vater wurde.
Aber wieso in die Ferne schweifen, wenn das Glück so nahe ist? In Wien haben wir drei Stupas (buddhistische Sakralbauwerke). Einer steht im Druk-Yul-Park in Mauer, im 23. Wiener Gemeindebezirk. Der zweite am Wiener Zentralfriedhof, am buddhistischen Friedhof und der dritte ist die Friedenspagode direkt an der Donau. Es folgt ein Bericht über diese Bauwerke und die Wiener Ortsteile, durch die unsere Wanderung führte. Alle Fotos entstanden an diesem Tag, sofern nicht anders angegeben.

Der Stupa, auch Chörten genannt, im Druk-Yul-Park (benannt nach dem Landesnamen von Bhutan).
Am eingangs erwähnten Tag traf sich nun eine Gruppe von sieben Menschen in Wien-Mauer, um am dortigen Stupa – auf freiwilliger Basis – Zuflucht zu nehmen (buddhistische Ehrung der drei Juwelen – Buddha, Dharma und Sangha) und anschließend loszumarschieren. Doch bevor wir das tun, werfen wir noch einen Blick auf die Geschichte des heutigen Bezirkteils Mauer.
Mauer
Am Rande des Wienerwaldes gelegen, gehört Mauer mit seinen Villen und Einfamilienhäusern zu den gehobeneren Wohngegenden der Stadt. Ursprünglich eine eigenständige Ortschaft, wurde Mauer bei Wien, wie es damals hieß, im 19. Jahrhundert als Ort der Sommerfrische oder als Tagesausflugsziel für die Wiener bekannt. Dazu trug auch der Bau einer Dampftramway bei, die im 20. Jahrhundert elektrifiziert wurde und damals auch nach Niederösterreich über Perchtoldsdorf nach Mödling fuhr. Diesen Streckenteil gibt es jedoch nicht mehr und so fährt nun die heutige Straßenbahnlinie 60 von der Stadtgrenze in Rodaun bis zum Wiener Westbahnhof.
Bereits 1938 unter der NSDAP-Diktatur in Groß-Wien eingemeindet, ist Mauer seit Ende der Alliierten-Besatzung 1955 Teil des 23. Bezirks.
Der Autor ist mit diesem Ort persönlich verbunden, hat hier zeitweise gelebt, Vater und Großvater haben beide in Mauer Haus gebaut, alle wohnen aber mittlerweile woanders. Auch Matthias Grümayer hat eine Zeit lang in Mauer gewohnt. Etliche bekannte Persönlichkeiten lebten oder leben hier.

Der Weinbau ist in Mauer Tradition und wird bereits seit dem Spätmittelalter betrieben. Während die bekannteren Wiener Heurigenorte Grinzing und Neustift am Walde vor allem für den Tourismus bedeutend sind, werden die Maurer Heurigen primär von den Einheimischen frequentiert. Dieses stimmungsvolle Herbstbild entstand im Jahr 2016.
Alt Erlaa
Die Wanderroute führt zunächst durch in ruhiger Lage gelegene Wohngebiete. Im weiteren Verlauf waren auch Wohnsiedlungen jüngeren Datums anzutreffen, die aus ehemaligen Industriegebieten oder Gärtnereien entstanden sind. Dies ist im 23. Bezirk in den letzten Jahrzehnten relativ großflächig passiert oder immer noch im Gange. Die Gebiete zwischen den alten Ortskernen wurden bzw. werden zusehends verbaut.
Eine dieser Wohnanlagen gehört zu den größten und bekanntesten in ganz Österreich – es ist der Wohnpark Alt Erlaa. Er wurde zwischen 1973 und 1985 gebaut und ist Eigentum der Alterlaa AG, die wiederum der Gesiba (Wien Holding – Stadt Wien) gehört. Die drei Wohnzeilen werden als Blöcke A, B und C bezeichnet und haben 23 bzw. 27 Stockwerke.
In dieser Anlage wohnen etwa 9.000 Menschen in ca. 3.200 Wohnungen. Die meisten dieser Wohnungen sind sehr großzügig gestaltet und jede von ihnen beinhaltet eine Terrasse oder eine Loggia. Zum Wohnpark gehört auch der sogenannte Kaufpark mit Geschäften des täglichen Lebens. Es gibt Schulen, Kindergärten und Ärztezentren. Darüber hinaus haben die Einwohner auch Zugang zu Einrichtungen wie Dachbädern (ja, die Pools ganz oben auf den Gebäuden!), Hallenbädern, Tennisplätzen sowie den stadtparkgroßen Grünflächen. Seit 1995 besteht eine direkte U-Bahnanbindung durch die Linie U6, welche die zuvor verkehrende Schnellstraßenbahnlinie 64 ersetzte.
Der Autor hat eine sehr persönliche Verbindung zu Alt Erlaa, hier befand sich der Lebensmittelpunkt seiner gesamten Kindheit und Jugend, bevor er dann mit 18, in einer turbulenteren Phase seines Lebens, ausgezogen und schließlich in Purkersdorf gelandet ist.

Das Leben in Alt Erlaa bringt viele Annehmlichkeiten mit sich, wie etwa die großzügigen Grünflächen zwischen und in unmittelbarer Umgebung der Wohngebäude. Die nahegelegene Liesing lädt zu ausgiebigen Spaziergängen ein. Im Hintergrund die Westseite des Wohnparks.
Inzersdorf
Die Wandergruppe wird den Bach Liesing nun eine ganze Weile folgen, abwechselnd mit Schweige- und Gesprächsphasen. Der nächste Stadtteil, der ebenfalls noch zum Bezirk Liesing gehört, ist Inzersdorf.
Dieser Ort hat eine große industriell geprägte Geschichte. Insbesondere die Ziegelproduktion war hier Ende des 19. Jahrhunderts von großer Bedeutung. Inzersdorf war genauso wie Mauer während des 2. Weltkrieges Teil von Groß-Wien und wurde nach dessen Ende als Teil des 23. Bezirks bestätigt. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden neben Industrieanlagen auch Gemeindebauten, später auch völlig neue Siedlungen gebaut. Die öffentliche Verkehrsanbindung erfolgt unter anderem durch die Lokalbahn Wien-Baden(Badner Bahn).

In diesem Abschnitt ist die abgeschlossene Renaturierung der Liesing, ein Bauprojekt der Stadt Wien, schön zu sehen. Im Hintergrund erkennt man einen Teil des Autobahnknotens Inzersdorf, das die Wiener Südosttangente (A23) mit der Südautobahn (A2) verbindet.
Oberlaa
Wir gelangen nun in den 10. Gemeindebezirk und verlassen die Liesing direkt beim historischen Ortskern Oberlaas, das unter diesem Namen erstmals im 14. Jahrhundert urkundlich erwähnt wurde. Auch Oberlaa gehört zu jenen im Jahr 1938 eingemeindeten Orten, die nach dem Krieg bei Wien verblieben. In den 1960er-Jahren wurde eine Schwefelquelle erschlossen, daraus entstand bis 1974 das Kurzentrum Wien Oberlaa (heute: Therme Wien). Im dazugehörigen Kurpark, der heute eine öffentliche Parkanlage ist, wurde die „Wiener Internationale Gartenschau 1974“ (WIG 74) abgehalten. Ebenfalls 1974 wurde Oberlaa mit der Linie 67 an das Wiener Straßenbahnnetz angeschlossen, diese wurde jedoch 2017 durch die U-Bahnlinie U1 ersetzt. Kulinarisch erwähnenswert sind die zahlreichen Heurigen und die Kurkonditorei Oberlaa.

Über einen Feldweg wandern wir nun vom 10. in den 11. Bezirk. Im Hintergrund sieht man noch eine moderne Wohnsiedlung Oberlaas. Auch hier wird also aufgrund des nach wie vor steigenden Wohnbedarfs auf der grünen Wiese gebaut…
Zentralfriedhof
Der Wiener Zentralfriedhof wurde 1874 eröffnet und zählt zu den größten Friedhofsanlagen Europas. Er liegt am südöstlichen Stadtrand Wiens, im 11. Gemeindebezirk Simmering. Dessen wichtigste Verkehrsader, die Simmeringer Hauptstraße, führt direkt zum Zentralfriedhof. Eng mit ihm verbunden ist auch die Straßenbahnlinie 71, die von der Wiener Ringstraße zum Friedhof und weiter bis Kaiserebersdorf fährt. Nicht zuletzt heißt es auch in der Wiener Umgangssprache über einen Verstorbenen: „Er hat den 71er genommen.“ Im 20. Jahrhundert gab es auch einen regelrechten Allerheiligenverkehr, verschiedene reguläre Straßenbahnlinien und sogar Sonderlinien wurden zum Zentralfriedhof geführt. Die letzte Sonderlinie dieser Art war bis zum Jahr 2000 die Linie 35. Der Autor besitzt ein historisches Nummernschild dieser Linie. Viele bessergestellte Bürger, aus Monarchie-Zeiten natürlich auch Adelige, haben hier ansehnliche Gräber. Für Politiker und Prominente aus allen Sparten gibt es Ehrengräber.

Von den Feldern oberhalb des Verschiebebahnhofs Kledering gesehen, thront die Karl-Borromäus-Kirche, die Anfang des 20. Jahrhunderts im Jugendstil erbaut wurde und ein Herzstück des Zentralfriedhofs bildet.
Der Zentralfriedhof beherbergt Abteilungen verschiedenster Konfessionen, so gibt es auch einen buddhistischen Friedhof. Im Zentrum dessen steht ein Stupa, der 2005 zu Vesakh, also dem höchsten buddhistischen Feiertag, eröffnet wurde. Die Gräbergruppen sind in Form eines acht-speichigen Rades um den Stupa angelegt und sollen den edlen achtfachen Pfad, ein zentrales Element der buddhistischen Lehre, darstellen. Die Pilgergruppe umrundete den Stupa dreifach, nahm freiwillig Zuflucht und legte am Rande der Anlage eine Pause ein.

Buddhistischer Friedhof mit Stupa am Wiener Zentralfriedhof.
Simmering
Die Wanderung führt nun ein Stück die Simmeringer Hauptstraße entlang, bevor sie von dieser wieder abweicht und zunächst in eine Siedlung mit Gemeindebauten und dann in ein Areal mit Industrieanlagen eintaucht. Beides ist sehr typisch für Simmering, handelt es sich dabei doch um einen klassischen Arbeiter- und Industriebezirk Wiens. Er besteht aus den Bezirksteilen Simmering, Kaiserebersdorf und Albern. Die vorhin beschriebene Route führt durch den namensgebenden Bezirksteil, auch wenn der eigentliche Ortskern dabei nicht tangiert wird.
Bereits im 11. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt, war Simmering jahrhundertelang im Besitz von Landadelsgeschlechtern. Bis etwa 1860 behielt Simmering seinen dörflichen Charakter, bevor es binnen weniger Jahrzehnte zum Industrie- und Arbeitervorort wurde. Es wurden etwa Werkstätten für die Eisenbahn oder auch eine Brauerei errichtet. 1892 folgte dann die Eingemeindung zu Wien. Das Kraftwerk Simmering wurde ab 1900 errichtet. In der Zwischenkriegszeit und von den 1950er bis 1970er Jahren wurden einige kommunale Wohnanlagen gebaut. Verkehrsknotenpunkt ist der Bahnhof Simmering, wo Züge der ÖBB, die U-Bahnlinie U3, sowie diverse Straßenbahn- und Buslinien aufeinandertreffen.

Die Ostbahnbrücke über dem Donaukanal verbindet den 11. mit dem 2. Bezirk. Eine alte Garnitur der S-Bahnlinie S80 befindet sich auf der Fahrt mit dem Ziel Wien-Hütteldorf. Am rechten Bildrand erkennt man die denkmalgeschützten Anlagen der Gasometer. Diese waren von der Jahrhundertwende bis 1975 als Gaswerk Simmering in Betrieb. Um 2000 wurden die Gasbehälter revitalisiert und beherbergen heute Wohnungen, Geschäfte, ein Kino sowie eine Veranstaltungshalle.
Friedenspagode
Wir befinden uns nun im Prater, der Weg führt uns nahe der Galopprennbahn und dem Lusthaus vorbei bis zur Donau. Dieses Gebiet lässt sich namentlich am ehesten mit dem Ortsnamen Freudenau bezeichnen. Da es sich hierbei nicht um eine geschlossene Siedlung, sondern überwiegend um Grünlandschaft handelt, fokussieren wir uns nun auf den letzten Höhepunkt der Wanderung: Die Friedenspagode.
Der Stupa wurde 1982-1983 erbaut, ausgeführt von Mönchen eines japanischen Ordens. In unmittelbarer Nähe befindet sich auch ein buddhistischer Tempel, der vom japanischen Mönch Gyosei Masunaga geleitet wird.
Bei Ankunft bei der Pagode war die Dunkelheit bereits komplett eingebrochen. Von den ursprünglich sieben Teilnehmern sind vier am Ziel angekommen, die anderen mussten aus unterschiedlichen Gründen abbrechen. Die Pilgergruppe umrundete dreimal den Stupa, nahm Zuflucht und verabschiedete sich wenig später voneinander, um zufrieden den Heimweg anzutreten.
Für alle Interessierten, die der Pagode einen Besuch abstatten wollen, die nächste höherrangige Verkehrsanbindung ist die Station Praterkai der Linie S80, von dort sind es circa 20 Minuten Fußweg. Es gibt auch eine Buslinie, die eine Haltestelle etwas näher zur Pagode anfährt.

Die Friedenspagode an der Donau.
Persönliche Schlussbemerkungen
Diese Wanderung war für mich ein einmaliges Erlebnis. Es war nicht nur die vielleicht erste buddhistische Pilgerwanderung, sondern auch für mich selbst der erste Versuch einer Wanderung mit religiös/spirituellem Ansatz. Und ich denke, er ist auch sehr gut gelungen. Mit einer Gehzeit von etwa sieben Stunden (inklusive mehrerer Pausen) war es natürlich auch anstrengend, aber für mich nicht härter als erwartet. Wir hatten allerdings auch ideales Wetter an einem angenehmen Herbsttag im November.
Trotz des Fokus auf Achtsamkeit mit mehreren Sprechpausen sind die Orte für mich wie im Flug vorbeigerast, sodass ein Einlassen und Verbinden recht schwierig war. Vielleicht weil es nun mal nicht nur einen Weg, sondern auch ein Ziel gab, das wir quasi immer vor Augen hatten. Jedenfalls hat dieser Eindruck dazu geführt, dass dieser Bericht sehr sachlich ausgefallen ist und die Geschichte der besuchten Orte in den Vordergrund stellt. Es war dies auch die erste Weitwanderung durch meine Heimatstadt, die ich unternommen habe und für mich auch kulturell eindrucksvoll war. Noch dazu waren auch Orte dabei, zu denen ich einen starken persönlichen Bezug habe.
Ich bedanke mich bei allen, die bei dieser Stadtwanderung dabei waren und freue mich, dass ich durch dieses Ereignis wieder etwas Leben in meinen Blog einhauchen kann.
Mathias











